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... eine der zahlreichen Anfeindungen, denen Bertha von Suttner ausgesetzt war. Aber sie hat sich publizistisch zu wehren gewusst. Lesen Sie Original-Zitate aus ihren Büchern zum Thema "FRIEDEN". Szenisch aufbereitet und vorgetragen von Schülerinnen und Schülern des Literaturkurses auf dem ersten Bertha-von-Suttner-Abend am 30. Oktober 1997 - und kein bisschen angestaubt! |
am 30.Oktober 1997
Programmpunkt
Textlesung :
‚Der Frieden‘
(Auszüge aus dem 1. Lesungsteil)
(Sprecher 1)
Die Baronin Bertha von Suttner, welche gegenwärtig auf der Friedenskonferenz in Den Haag weilt, ist nicht unbedenklich erkrankt. Das letzte Bulletin lautet: Hochgradiges Delirium pacificans (Friedenswahnsinn), Temperatur 39,8, Puls 148. Sensorium stark getrübt, lebhafter Auswurf leerer Phrasen. Schlaf unruhig.(kommentierend)
Dr. Hirngespinst und Prof. Dr. Wahnfried. (Spottmeldung in der „Wiener Luft“ vom 3.6. 1899)
(Sprecher 2):
Die neue Art und die große Zahl bewaffneter Konflikte in der Welt nach 1989/90 skizziert der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Ipsen, wie folgt: zwischen 1990 und 1995 wurden in siebzig der derzeit insgesamt 194 Staaten der Erde 93 Konflikte unterschiedlicher Schwere mit Waffengewalt ausgetragen. Die 93 Konflikte machten 40 Millionen Menschen zu Flüchtlingen und 23 Millionen zu Kämpfern. Es verloren etwa 5,5 Millionen Personen ihr Leben, unter ihnen eine Million Kinder. 4,1 Millionen Getötete waren Zivilisten. (aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 6.10.1997)
(Sprecherin 1):
Echter Humanität sind nicht nur zerschossene Leiber heilig, sie will auch die geraden Glieder vor dem Zerschossenwerden bewahren; nicht nur Verwundete und Kranke einer zukünftigen Schlacht gilt es zu retten, auch ihre "zukünftigen" Toten sollen lebend gemacht werden. (Bertha von Suttner)
(Sprecherin 2)
Es gibt noch Schauerlicheres als ein Schlachtfeld während der Schlacht - das ist ein solches nach der Schlacht. Kein Geschützdonner, kein Fanfarengeschmetter, keine Trommelwirbel mehr, nur leises schmerzliches Stöhnen und Sterberöcheln. Im zertretenen Erdboden rötlich schimmernde Pfützen, Blutlachen. ... Tausende und Tausende von Toten und Sterbenden - hilflos Sterbenden! ... Neben den Kanonen, deren Schlünde von Rauch geschwärzt sind, ist der Boden am blutigsten; dort liegen die meisten und verstümmelsten Toten und Halbtoten - von Kugeln buchstäblich zerrissen. ...Und noch gibt es Höllischeres als alles dies: ... Das Erscheinen und Amtieren der Schlachtfeld-Hyäne. ... Das leichenbeutewitternde Ungeheuer beugt sich über Tote und noch Lebende herab und reißt ihnen die Kleider vom Leibe. Erbarmungslos. Die Stiefel werden vom blutenden Bein, die Ringe von der verwundeten Hand gezogen - oder, um den Ring zu haben, wird der Finger einfach abgeschnitten. Und wenn das Opfer sich wehren will, dann wird es von der Hyäne gemordet, oder - um einst nicht wiedererkannt zu werden - sticht sie ihm die Augen aus. (Bertha von Suttner)
(Sprecher 3)
Es hat immer Kriege gegeben; folglich wird es sie auch immer geben.
(Lieblingsbeweise zugunsten des Krieges von Bertha-von-Suttner)
(Sprecherin 3)
Oft wird den Friedenfreunden gesagt: der Krieg könne niemals abgeschafft werden, weil sich die Leidenschaften, die ihm zur Grundlage dienen, nicht ausrotten lassen. Doch wir fragen, welche Gattung Menschen soll denn da gemeint sein: der Wilde oder der Kulturmensch - das primitive Halbtier oder der in hochentwickelten Naturen sich regende Halbgott?
(Bertha von Suttner)
(Pause)
Die Mißstände in der Gesellschaft sind kein Produkt unabwendbarer Naturgesetze, sondern das Produkt ungeschickter Gesellschaftseinrichtungen. Wir müssen uns eben anders einrichten. (Bertha von Suttner)
(Sprecherin 2)
Unsere Forderungen brauchen zu ihrer Erfüllung durchaus keine anderen Bedingungen als die vorhandenen. Diejenige Summe von Wohlwollen, von Gerechtigkeit, Gesetzlichkeit, mit einem Worte von Moral, die gegenwärtig schon erreicht ist, wäre, wenn auf die Gebiete der inneren und äußeren Politik übertragen, ganz genügend, um auch die Parteien und die Nationen vor den Verwilderungen und Schrecknissen zu schützen, denen die Individuen sich bereits entrungen haben. (Bertha von Suttner)
(Sprecher 4)
Der dauernde Friede führt zu Erschlaffung, Verweichlichung, hat - wie stehendes Sumpfwasser - Fäulnis, nämlich den Verfall der Sitten zur Folge. (Lieblingsbeweise zugunsten des Krieges von Bertha von Suttner)
(Sprecherin 1)
Immer dieser unselige Wahn, dass töten, töten, töten irgend etwas gut machen kann - daß töten, töten, töten die Quelle von Ordnung, Reichtum und Ruhm abgibt. ... Ein Wind imperialistischen Wahnsinns weht über die Erde, ein Blutrausch verwirrt die Köpfe, gepaart mit der Rassenverfolgungswut! (Bertha von Suttner)
(Sprecher 1)
Zur Betätigung der Selbstaufopferung, des Heldenmuts, kurz: zur Charakterstählung sind Kriege das beste Mittel.
(Lieblingsbeweise zugunsten des Krieges von Bertha von Suttner)
(Sprecherin 3)
Es muß, in unserer so neu gewordenen Umwelt auch ein neuer Mensch sich emporringen. Anpassung ist das Gesetz der Entwicklung.
(Sprecherin 1)
Man muß verstehen, daß zwei Weltanschauungen und zwei Zivilisationsepochen jetzt miteinander ringen, und da wird man gewahr, daß mitten unter dem krachenden, drohenden Alten das verheißene Neue sich emporringt, gar nicht mehr vereinzelt, gar nicht mehr schwach und formlos, sondern schon viel verbreitet und lebenskräftig. ... Es geht ein Prozeß der Internationalisierung, der Solidarisierung der Welt vor sich. (Bertha von Suttner)
(Sprecherin 3)
Die Friedensbewegung ist eine Tatsache, die sich nicht mehr ignorieren läßt. Sie ist nicht etwa das Werk von ein paar Träumern, sondern die Betätigung der unaufhaltsamen Wandlung der Dinge. Diese Wandlung vollzieht sich durch die technischen Fortschritte, durch die wirtschaftliche Verschmelzung, durch die Veredelung der ethischen Forderungen, durch hundert Faktoren, die Zusammen den Gang der Zivilisation bestimmen. (Bertha von Suttner)
(Sprecher 4)
Die Menschen werden immer streiten; völlige Übereinstimmung in allen Ansprüchen ist unmöglich; verschiedene Interessen müssen stets aneinanderstoßen. (Lieblingsbeweise zugunsten des Krieges von Bertha von Suttner)
(Sprecherin 2)
Dem Widerspruch gegenüber gibt‘s nur eine Notwendigkeit: daß er gelöst werde, nicht, daß er fortbestehe. Das soziale Leben ist ja kein unwandelbares und kein so vollkommenes, daß die darin vorkommenden Widersprüche notwendig beibehalten werden müßten; diese sind vielmehr die Ursachen der Fehler und Schändlichkeiten der sozialen Zustände. (Bertha von Suttner)
1. Sprecher:
Meine Rüstung ist die defensive,
2. Sprecher:
Deine Rüstung ist die offensive.
1. Sprecher:
Ich muß rüsten, weil Du rüstest.
2 . Sprecher:
Weil Du rüstest, rüste ich.
1. und 2. Sprecher:
Also rüsten wir, rüsten wir nur immerzu. (insgesamt 3 Mal, immer leiser werdend)
1. Sprecher: (kommentierend)
Der zweistimmige Wechselgesang der Rüstungsspirale von Bertha von Suttner
(Sprecherin 2)
Man muß die Rüstungen auch nach der moralischen Atmosphäre betrachten, die sie schaffen. Eine Atmosphäre, in der der Zusammenschluß der Völker, die Ausgestaltung des internationalen Rechts (geschweige die Gefühle der Verbrüderung) nicht gedeihen können. Es ist nicht möglich, mit gefletschten Zähnen zu lächeln, und mit geballten Fäusten kann man nicht Hände schütteln. (Bertha von Suttner)
(Sprecherin 1)
Jedem die Hälfte von Unrecht gebührt, der, um es zu hindern, die Hand nicht rührt. (Bertha von Suttner)