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Frau Elena Guseva, Leiterin unserer Patenschule in Moskau, stattete der Gedenkstätte für Opfer des Zwangsarbeitersystems der Nationalsozialisten auf dem Alten Friedhof in Dormagen einen Besuch ab.

Kurz bevor Schülerinnen und Schüler unserer Schule zum wiederholten Male nach Moskau reisen, um die russische Metropole und unsere Patenschule 863 kennen-zulernen, besuchte deren Leiterin, Frau Elena Guseva, Dormagen. Im Gedankenaustausch mit den Organisatoren der Schulkooperation, Herrn Koopmann und Herrn Steinebach, sowie der Schulleitung wurde ein positives Fazit der bisherigen Zusammenarbeit gezogen, denn: Der interkulturelle Austausch bringt Gewinne für beide Seiten und vertieft sich mehr und mehr.  

Ganz herzlich bedanken wir uns auch an dieser Stelle bei Frau W. Schröder von der Deutsch-Russischen Gesellschaft Rhein-Ruhr, ohne deren Übersetzungen die Kommunikation längst nicht so gut geklappt hätte.
Wie ist der Stand des friedenspädagogischen Engagements an der Schule 863 in Moskau? Wie ist die Entwicklung an der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule in Dormagen? Wie können die gemeinsamen Bemühungen gestärkt werden? Eine Vielzahl von Fragen und neuen Überlegungen prägte das Gespräch zwischen der Dormagener Schulleitung und Elena Anatolievna Guseva, der Moskauer Schulleiterin und Mitarbeiterin im Bereich Allgemeine Pädagogik der Russischen Föderation.
Unter den Gesichtspunkten „Frieden in der Schule“ und „Frieden in der Nachbarschaft/Frieden in der Gesellschaft“ wurde die Integration der Schülerinnen und Schüler in Dormagen und Moskau diskutiert, die ihre Herkunft in anderen Ländern haben. An der Gesamtschule gibt es Kinder und Jugendliche mit Wurzeln in vier Erdteilen. In der Nachbarschaft der Schule 863 leben zahlreiche Familien aus den ehemaligen südlichen Sowjetrepubliken Kasachstan, Usbekistan, Aserbeidschan, Tadschikistan.
Diese Gruppen, wie etwa auch Türken, Griechen oder Polen in Dormagen, leben zum Teil seit mehreren Generationen im Umfeld der Schulen. Sie sind in den Schulen voll integriert und anerkannt. In Dormagen haben viele Migranten die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. In Moskau bekamen sie nach der Auflösung der UdSSR statt eines sowjetischen Passes einen russischen. Außerhalb der Schulen aber gibt es Anfeindungen.
In den russischen Schulen wird die Erziehung zum Patriotismus betont. Sie fußt in ihren historischen Wurzeln in der gemeinsamen Geschichte der Sowjetunion, dort besonders mit einem Blick auf die Verteidigung des Vaterlandes gegen den Überfall durch Truppen aus Nazi-Deutschland. Dieser Überfall vom 22. Juni 1941 unter dem Decknamen „Barbarossa“ war von den Nationalsozialisten als Vernichtungsfeldzug angelegt und endete für die Sowjetunion mit mehr als 20 Millionen Toten, zerstörten Städten, verbrannten Dörfern.
Die Verteidigung und Befreiung des eigenen Landes eröffnet einen anderen Zugang zur Geschichte als in Deutschland. Gemeinsam aber ist beiden Schulen, aus der Vergangenheit zu lernen und Schlussfolgerungen für eine Zukunft in Frieden zu ziehen. Deshalb wird die Dormagener Gruppe schon in der nächsten Woche bei ihrem Besuch in Moskau die Orte aufsuchen, die die Verbindungen symbolisieren. Und umgekehrt wird es im September ein Programm für die Gäste aus Moskau geben, das diese Dimension berücksichtigt und damit auch das Zertifikat „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ lebendig umsetzt. Unterstützt wird die Schule dabei von der Stiftung „Deutsch-Russischer Jugendaustausch (DRJA)“ aus Hamburg.
 

Schulleiter Dr. Hansen dankte Elena A. Guseva für den offenen Gedankenaustausch. Sie vereinbarten, dass sich die Schulen nicht nur wie bisher per E-Mail unter den Schülern austauschen wollen. Auf der Homepage wird es einen Link und eine Berichterstattung über die jeweils andere Schule geben. Der Austausch von Geschenken unterstrich die freundschaftliche Begegnung.

Im Rahmenprogramm warf Schulleiterin Guseva nicht nur einen Blick in verschiedene Klassen, in denen sie von SchülerInnen in russischer Sprache begrüßt wurde. Begeistert zeigte sie sich von der Architektur und von der kreativen Gestaltung der Wandflächen.
Zusammen mit Walborg Schröder, der Vorsitzenden der Deutsch-Russischen Gesellschaft Rhein-Ruhr, wurden mehrere Orte aufgesucht, denen in den letzten Jahren auch die Aufmerksamkeit der russischen Schüler galt: dem sowjetischen Gräberfeld auf dem Waldfriedhof Düsseldorf-Gerresheim und dem Soldatenfriedhof „Gallberg“. Hier kam es zu einer herzlichen Begegnung mit dem Historiker-Paar Schmidt, das sich seit Jahrzehnten für die historische Aufarbeiten einsetzt.
Auf dem Friedhof in Nievenheim galt der Dank und die Anerkennung von Frau Guseva der Schützenbruderschaft, die sich hervorragend auch für die Grabreihe mit den Inschriften in kyrillischer Schrift einsetzt. Hier und an der Grabanlage der Zwangsarbeiter, Frauen und Kinder auf dem Alten Friedhof an der Nettergasse wurden Blumen abgelegt. Eine abschließende Betrachtung galt den „Stolpersteinen“ in der Kölner Straße. Sie waren beim letzten Besuch von deutschen und russischen Schülern gemeinsam geputzt worden.