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Ein spannendes Projekt zur Entwicklung moralischer Urteilsfähigkeit im Leistungskurs 

Unser Leistungskurs Erziehungswissenschaft konnte ein spannendes Forschungsprojekt simulieren, das der US-amerikanische Psychologe Lawrence Kohlberg ebenfalls durchführte. Das Projekt befasste sich im dem wenig spannend klingenden Zentral-Abiturthema “Moralische und demokratische Erziehung im Anschluss an das Konzept von Kohlberg”. Um dieses Thema uns näher zu bringen, stellte uns unser Lehrer, Herr Bergmeier diese, mal etwas andere und aufregende Aufgabe. Wir teilten uns in Zweiergruppen ein und machten uns mit viel Freude und Enthusiasmus an die Arbeit. Als wir die verschiedenen Gebäude unserer Schule betraten, herrschte Stille auf den Gängen, denn es war 8:15 Uhr und alle Klassen waren im Unterricht. Sobald wir aber nach einem Klopfen die Türen öffneten, herrschte Verwunderung und Aufregung, denn alle waren gespannt, was wir wohl wollten. In den Klassen angekommen, stellten wir uns zu Beginn vor und erklärten, dass wir ein Interview mit einzelnen SchülerInnen durchführen wollen. Die SchülerInnen, die sich bereit erklärten, sich auf unser Interview einzulassen, waren mit genauso so viel Freude und Enthusiasmus bei der Beantwortung der Fragen dabei.

Wir konfrontierten sie mit folgender Problemstellung: 


Eine Frau ist sterbenskrank, sie hat Krebs. Es gibt ein neues Medikament, von dem die Ärzte glauben, dass es helfen könnte. Es ist eine Art Radium, das von einem Apotheker derselben Stadt, in der die Frau lebt, vor kurzem entdeckt worden war. Das Medikament war teuer in der Herstellung: 2000 Dollar. Der Apotheker verlangte aber für eine kleine Dosis 20000 Dollar. John, der Ehemann der kranken Frau, ging zu allen Freunden und borgte sich Geld; er kam jedoch nur auf 10000 Dollar, die Hälfte des geforderten Preises. Er erzählte dem Apotheker, dass seine Frau im Sterben läge, und bat ihn, das Medikament billiger abzugeben oder aber den Rest später zahlen zu dürfen. Aber der Apotheker sagte: „Nein, ich habe das Mittel entdeckt und  will damit Geld verdienen!“ John war verzweifelt und brach in die Apotheke ein, um das Mittel für seine Frau zu stehlen.

In den Klassen angekommen, verursachten wir erst einmal großes Aufsehen, vor allem in den jüngeren Klassen. Am liebsten wollte jeder mitkommen und die Fragen beantworten, doch aufgrund der knappen Zeit konnten wir nur vereinzelte SchülerInnen mit folgenden Fragen zur Problemstellung befragen:

1. Durfte John das Medikament stehlen? 
2. Hat John (der Ehemann) die Pflicht, das Medikament zu stehlen, wenn er es auf andere Weise nicht bekommt? 
3. Hatte der Apotheker das Recht, soviel zu verlangen, wenn es keinen gesetzlichen Höchstpreis gibt? 
4. Wäre der Diebstahl gerechtfertigt, wenn die Sterbenskranke eine Fremde wäre und nicht die eigene Frau? 
5. John wird verhaftet! Soll der Richter ihn verurteilen oder freisprechen? 

Es war sehr interessant, wie viele Eindrücke und Erfahrungen wir durch die einzelnen Interviews mitnahmen: Der Großteil der SchülerInnen war mit äußerster Kooperativität und Motivation bei der Sache, was sehr beeindruckte. 

Nach der Durchführung der Interviews konnten wir dann die über 150 Fragebögen auswerten. Die Auswertung war arbeitsreich und interessant. Spannend zu sehen, welche unterschiedlichen Antworten in den verschiedenen Altersklassen gegeben wurden.  


Zum Beispiel gab es bei der dritten Frage Hatte der Apotheker das Recht, soviel zu verlangen, wenn es keinen gesetzlichen Höchstpreis gibt? folgende Ergebnisse:

Diese Art der Antwort wurde am häufigsten genannt:


Nein, der Apotheker hatte nicht das Recht, weil das Medikament zu teuer ist und weil es kaum jemand bezahlen kann. 

Auf Platz zwei kam:


Nein, der Apotheker hatte nicht das Recht, weil es gemein, unfair und moralisch nicht vertretbar ist, soviel zu verlangen. 


Die letzten drei Plätze belegen die folgenden Äußerungen:


Nein, der Apotheker hatte nicht das Recht, weil er nur seinen Nutzen daraus ziehen will. 
Nein, der Apotheker hatte nicht das Recht, weil das Medikament Menschen helfen soll.
Nein, der Apotheker hatte nicht das Recht, weil es nicht bewiesen ist, ob es hilft. 

Neben der quantitativen Analyse (wie häufig sind einzelne Antworten) interessierte uns die Frage, ob es Unterschiede im moralischen Urteil gibt. 

Aus den Antworten ergaben sich für uns drei moralische Niveaus:

1. Es ist gemein, unfair und moralisch nicht vertretbar. Außerdem ist nicht bewiesen, ob es hilft. 
2. Das Medikament ist zu teuer und kaum jemand kann es bezahlen und der Apotheker will nur seinen Nutzen daraus ziehen.
3. Er soll Menschen helfen.


Nach der Auswertung beschäftigen wir uns mit Kohlberg, dem US-amerikanischen Psychologen und Professor für Erziehungswissenschaften an der Harvard University, der zur Moralentwicklung ein Stufenmodell aus drei Ebenen mit je zwei Stufen verfasste. 

Die erste Ebene, die prä-konventionelle Ebene besteht zum einen aus der Stufe, die sich an Recht und Ordnung orientiert, in der man noch keine Vorstellung von gut und böse bzw. richtig und falsch hat. Es wird nach Belohnung und Bestrafung gehandelt. Zum anderen besteht diese Ebene aus der Stufe der instrumentell-realitivistischen Orientierung
Auf dieser Stufe lassen sich egozentrische Gesichtspunkte erkennen, da die Interessen des Anderen nicht erkannt werden. Man will nicht teilen, es sei denn man sieht persönliches Nutzen darin. 
Man gelangt erst auf die zweite, die konventionelle Ebene, wenn man den familiären Gruppen- und staatlichen Erwartungen entspricht. Die dritte Stufe nennt die Orientierung an personengebundener Zustimmung bzw. das guter Junge/nettes Mädchen - Modell. 
Auf dieser Stufe orientiert man sich an gegenseitigen Erwartungen, was du nicht willst was man dir tut, das füge auch keinem Anderen zu. Es geht um ein hohes Maß an Konformität gegenüber stereotypen Vorstellungen.
Mit der Orientierung an Recht und Ordnung befasst sich dann die vierte Ebene. 
Diese Orientierung wird durch festgelegte Regeln, Autorität und Aufrechterhaltung sozialer Ordnung begrenzt. Für ein richtiges Verhalten muss man seine Pflicht tun und Autorität respektieren. 
Man gelangt auf die dritte, die post-konventionelle, autonome Ebene, wenn man versucht, moralische Werte unabhängig von Recht und Pflicht herauszufinden.
Die fünfte Ebene, die legalistische Sozial-Vertragsorientierung, ist mit utilitaristischen Zügen verbunden, sodass das moralische Handeln nach der Richtigkeit der Handlung bemessen wird und sich gesellschaftlich und wie auch individuellen Rechten und Standards unterordnet. 
Die letzte Ebene die Orientierung an allgemein gültigen ethischen Prinzipien, beinhaltet die bewusste Entscheidung unter Berücksichtigung der individuellen ethischen Prinzipien, die der ethischen Natur und nicht konkreter Moralregeln folgen. Es geht um die Prinzipen der Gerechtigkeit, der Gegenseitigkeit und Gleichheit der Menschenrechte und die Würde des Menschen. 

Die Arbeit an diesem Stufenmodell machte uns klar, wie nah wir mit unserer Simulation des Forschungsprojekt und die darauf folgen Ergebnisse an Kohlbergs Erarbeitungen herankamen. Es machte uns alles in allem schon ein bisschen stolz, dass wir als Schüler in einer eigenen Simulation die relevanten Auswertungskriterien herausarbeiteten. 

Die Arbeit an dem Forschungsprojekt hat uns sehr gefallen, da es sehr abwechslungsreich war und wie bereits erwähnt von der Seite der Befragten viel Motivation und Interesse gezeigt wurde. 

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